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Ausblick auf den 2007 G8 Gipfel in Heiligendamm
John Kirton, Direktor, G8 Forschungsgruppe, 23. April 2007

Dieser Artikel erschien im Mai 2007 in "G8 Summit 2007: Growth and Responsibility” (Agora Verlag) in englischer Sprache. Die Veröffentlichung in deutscher Sprache erfolgte mit Genehmigung des Verlags.

Vom 6. bis zum 8. Juni versammeln sich die Staatsoberhäupter der weltstärksten Marktdemokratien zu ihrem 33. jährlichen G8 Gipfel im Ostseebad Heiligendamm. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird den Vorsitz führen und ist damit zum ersten Mal Gastgeberin. Dies ist ihr zweiter G8 Gipfel. Auch zum zweiten Mal kommen Italiens Präsident Romano Prodi und Kanadas Präsident Stephen Harper. Japans Präsident Shinzo Abe und Frankreichs Präsident Nicholas Sarkozy sind zum ersten Mal dabei. Sie kommen dort mit den G8 Veteranen, dem englischen Präsidenten Tony Blair, dem russischen Präsidenten Vladimir Putin, dem amerikanischen Präsidenten George Bush und dem Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, zusammen. Zum dritten Mal in Folge treffen die Staatsoberhäuper der G8 Staaten auf ihrem Gipfel auch die Staatsoberhäupter der fünf Outreach Partner Indien, Mexiko, Brasilien, Südafrika und China.

Auf dem Weg nach Heiligendamm wurde den G8 Staatsoberhäuptern von ihren persönlichen Repräsentanten geholfen, die vier Vorbereitungstreffen organisiert haben, zuzüglich eines Treffens Anfang Mai speziell zum Thema Klimawandel. Die Staatsoberhäupter profitieren auch von einer ganzen Reihe an Treffen der G8 Minister: Finanzminister (9./10. Februar, 13. April, 18./19. Mai), Umweltminister (17./18. März), Entwicklungsminister (26./27. März), Arbeits- und Beschäftigungsminister (6.-8. Mai), Justiz- und Innenminister (23.-25. Mai) und Außenminister (direkt vor dem Gipfel). Aber in Heiligendamm werden nur die Staatsoberhäupter zugegen sein — am Höhepunkt einer Reihe von Gipfeltreffen, die entworfen wurden, um Anführer führen zu lassen.

Auf ihrem Gipfel werden die G8 Staatsoberhäupter mit globalen Herausforderungen konfrontiert, die sehr an die Herausforderungen erinnern, die 1975 die Gründung der G8 inspiriert haben. Im Finanzwesen gibt es große Währungs- und Zahlungsbilanzungleichgewichte unter den führenden Industrienationen und undurchsichtige, potentiell destabilisierende Hedge-Fonds und Derivate. Zudem sucht der Internationale Währungsfond aus dem Jahre 1944 immer noch seine Rolle und Reform in der globalisierten Welt von heute. Im Handel scheinen die schwer überfälligen Doha Verhandlungen über eine Entwicklungsagenda und multilaterale Handelsliberalisierung als auch Präsident Bushs Handelsförderungsvollmacht zum Scheitern verurteilt. Damit stirbt dann auch die Hoffnung, daß die armen Länder durch den Export Wohlstand erreichen, wie schon vor ihnen die meisten der G8 Mitgliedsländer. Im Energiebereich treibt die Gewalt im Mittleren Osten an beiden Grenzen Israels wie auch im Irak die Preise in die Höhe. Im Bereich der Nuklearenergie dämpfen hohe Preise für Uran, und die Gefahr daß Atomwaffen in die Hände von unberechenbaren Staaten wie Iran und Nordkorea gelangen, die Hoffnung darauf, daß die zivile Nutzung der Nukleartechnolologie zum unerläßlichen Kampf gegen den Klimawandel beitragen kann. Und die Demokratie selbst ist gefährdet durch eine mögliche Niederlage der von den USA geleiteten Koalitionskräfte im Irak und durch einen endlosen Kampf in Afghanistan wo die Al-Qaida und die Talibanführung immer noch ihr Unwesen treiben. Desweiteren tragen die Schwierigkeiten in Afrika und in den amerikanischen Staaten als auch Zweifel an der Qualität einer guten globalen Staatsführung, sowohl innerhalb der G8 Mitgliedsstaaten als auch in den internationalen Organisationen, zum schwindenden Vertrauen in die Demokratie bei.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen haben sich die deutsche Vorsitzende und ihre G8 Partner auf ein Programm geeinigt, das diese direkt angeht, das versucht, Probleme im Vorfeld zu verhindern und das gute globale Staatsführung für die nächsten Jahre fördert. Lange bevor die Deutschen zu Anfang des Jahres den Vorsitz übernommen haben, haben sie einen Gipfel geplant, der sich auf das Leitmotiv globales Wachstum und Verantwortung für die Armen konzentriert. Ihre Wahl reflektiert eine vernünftige Mischung von Innovation und Wiederholung. Sie bleibt beim jüngsten G8 Brennpunkt Entwicklung in Afrika, kehrt zurück zu den ursprünglichen G8 Anliegen von Wirtschaft und Finanzwesen und nimmt neue Probleme auf, wie zum Beispiel Hedge-Fonds und der Schutz des geistigen Eigentums als Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft.

Die G8 Wachstumsagenda beginnt mit den großen Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft. Sie konzentriert sich zum einen auf das große Handelsdefizit der von importiertem Öl abhängigen USA und zum anderen auf die großen Leistungsbilanzüberschüsse und Devisenreserven von Staaten wie Japan, China und dem Öl exportierenden Mitleren Osten. Eine glaubhafte Botschaft des Vertrauens fordert wie üblich marktbestimmte Währungen, höhere Sparraten, niedrigere staatliche Defiziten in den USA und eine höhere Inlandsnachfrage in Asien. Es bedarf aber auch einer ernsthaften Wiederaufnahme des G8 Schwerpunktes vom St. Petersburg Gipfel, der verbesserten Energiesicherheit.

Die G8 Staatsoberhäupter erinnern sich noch gut daran, wie der Kollaps des amerikanischen Long-Term Capital Management Hedge-Fonds im Jahre 1998 die schon bestehende globale Finanzkrise vertiefte. Sie wissen auch, daß eine verbesserte Transparenz den Märkten gut tun würde. Dies gilt für Öl, Gas und vieles mehr. Sie wundern sich jetzt, wieviel staatliche Regulierung und von welcher Art diese nötig ist und wie sie den Austausch von âbest practicesÕ gestalten können, um solche Krisen zukünftig durch gemeinsames Vorgehen zu vermeiden.

Wenn es um Investitionen und geistiges Eigentum geht, dann heben sich verschiedene Probleme ab. Eine von ausländischen Direktinvestitionen angetriebene Globalisierung hat viele Vorteile hervorgebracht. Jedoch gibt es weiterhin kein globales Regime, das die immer noch wesentlichen wirtschaftlichen Hindernisse innerhalb und außerhalb der G8 Mitgliedsstaaten beseitigt, das ökologisch sozial und politisch verantwortungsvolle Investitionen fördert und das sicherstellt, daß geistiges Eigentum nicht gestohlen wird. Der Schutz des geistigen Eigentums ist so wichtig, da sonst verantwortungsvolle Investitionen in Zukunft ausbleiben werden. Während der St. Petersburg Gipfel den Wert von offenen Investitionen in den Energiesektor bestätigte, verbleiben legale Beschränkungen und politische Unsicherheiten in Rußland, Nordamerika, Europa und für Energieexporteure außerhalb dieser Staaten. Und es besteht die Gefahr, daß die sauberen, effizienten Energietechnologien, die so dringend gebraucht werden, um Energiesicherheit zu schaffen und um den Klimawandel zu bekämpfen, nicht entwickelt und verbreitet werden, weil sie einfach von billig produzierenden global aktiven Firmen aus China und anderen Staaten gestohlen werden könnten.

Im Bereich der nachhaltigen Ressourcennutzung beabsichtigen die G8, aufbauend auf den Fortschritten im Bereich der Energiesicherheit des St. Petersburg Gipfels, mehr direkte Maßnahmen und die Entwicklung einer zentralen Agenda zur Bekämpfung des Klimawandels bis zum nächsten Gipfel in 2008 in Japan voranzutreiben. Im Zentrum der Debatte steht die Energieeffizienz, da sie den einfachsten und effektivsten Weg darstellt, um die Energie- und Klimaziele zu erreichen. Die effizientere Nutzung von Energien haben die G8 schon im Jahre 1979 als besten Weg zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen identifiziert.

Das zweite Hauptthema des Heiligendammgipfels, Entwicklung in Afrika, dreht sich um Themen, die auch schon in der Vergangenheit eine Rolle spielten, aber nun einen neuen Schwerpunkt bilden. Der Kampf gegen HIV/AIDS, eine zentrale Angelegenheit für die Sicherheit und den wirtschaftlichen Wachstum in Afrika und nun auch in Asien, sollte die benötigte finanzielle Unterstützung bekommen. Desweiteren sollten die G8 sich mit den zugrunde liegenden Gesundheitssystemen befassen, um die ehrgeizigen Versprechungen einhalten zu können, die die Zugänglichkeit von Behandlung für alle bis 2010 garantieren. Wie der Afrikanische Action Plan im Jahre 2001 verkündete, werden in Zukunft private Investitionen in Afrika die zentralen Instrumente für die Entwicklung sein. Gleichermaßen sind die G8 Bezeugungen, die Hilfen für Afrika zu verdoppeln und Schulden zu stornieren, eingehalten worden. Investitionsströme zu stärken erfordert die Verbesserung der Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen, gute Staatsführung auf einer breiteren Basis zu stärken und vom Sudan und Somalia im Norden nach Simbabwe im Süden Frieden und Sicherheit in Afrika zu schaffen.

Dieser von den Staatsoberhäuptern angenommenen ehrgeizigen Zielsetzung liegen die schon lange bestehenden als auch neu ausbrechende sicherheitspolitische Probleme in einer konfliktbelasteten Welt zugrunde. Wie die neuerlichen Angriffe in Algerien, Afghanistan und dem Mittleren Osten bezeugen, stellt der Terrorismus weiterhin eine klare und beständige Bedrohung dar, die sowohl direkt als auch indirekt durch Demokratisierung bekämpft werden muß, um sie an den Wurzeln zu bekämpfen. Auch zu beachten ist die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen an Schurkenstaaten und ihre terroristischen Verbündeten. Die Liste führen ein schon mit Nuklearwaffen ausgestattetes und exportierendes Nordkorea und ein Terroristen unterstützender Iran an. Desweiteren besteht die Gefahr, daß Pakistan, sollte es tiefer in die Fänge der Al-Qaida und der Talibanführung gelangen, sowohl Nuklearwaffen exportieren als auch Terroristen unterstützen könnte. Und der staatlich unterstützte Terrorismus gegen Israel, der schon den G8 Gipfel in 2006 bestimmte, droht auch in diesem Jahr, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Die Lösung dieser Probleme erfordert aus zwei Gründen immer mehr die Teilnahme von und die Partnerschaft mit den fünf Outreach Partnern. Zum einen sind diese am verwundbarsten durch die Bedrohungen und zum anderen besitzen diese Staaten die Fähigkeit, sie direkt anzugehen. Und so ist die G8 dazu übergegangen, diese Staaten immer mehr in den Gipfelvorbereitungsprozeß miteinzubeziehen, in einem Ausmaß, daß man bald von den G8 plus 5 sprechen kann.

Diese neue Institution wird in Heiligendamm mit dem zentralen Thema der Bekämpfung des Klimawandels ihrem ersten großen Test unterzogen. Soweit wurden die Energien der G8 gezielt dazu verwandt, die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (1992) und das Kyoto Protokoll (1997) zu erarbeiten, Japan, Kanada und Rußland dazu zu bewegen, das Kyoto Protokoll zu ratifizieren damit es zu internationalem Recht wird, die USA zu ermutigen, ernsthafte Maßnahmen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen zu unternehmen, die lange die größten der Welt waren. Aber China wird schon bald der weltgrößte Schadstoffverursacher werden. Indien, Mexiko und Brasilien nehmen zudem auch immer zentralere Rollen in der globalen Arena ein. Das große Drama und der abschließende Test von Heiligendamm wird nicht sein, ob alle G8 Mitgliedsstaaten dazu bewegt werden können, den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Es wird darum gehen, ob sie alle Outreach Partner dazu bewegen können, in der Zukunft dem Verein der Kohlenstoffreduzierer beizutreten.

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