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Pressestatement von Bundeskanzlerin Angela Merkel
und Bundesminister Peer Steinbrück

Washington DC, November 15, 2008
[Report of press conference in English]

BUNDESKUNZLERIN ANGELA MERKEL: Meine Damen und Herren, wir haben den Weltfinanzgipfel mit einem Dokument beendet, das, wie ich finde, sehr substanziell ist. Es ist ein erfolgreiches erstes Treffen der Staats- und Regierungschefs auf der Ebene der G20-Staaten gewesen, das die vernünftige und angemessene Antwort auf die Finanzkrise gefunden hat.

Wir haben mit diesem Dokument gezeigt, dass wir in den nächsten 100 Tagen, kann man sagen, erreichen wollen, dass fast 50 Sofortmaßnahmen getroffen werden, die verhindern, dass sich eine solche Krise wiederholen kann, dies auch sehr detailliert. Die Finanzminister werden das umsetzen und dann sicherstellen, dass das eingehalten wird. Der wesentliche Inhalt ist, dass es keine Märkte, keine Marktteilnehmer und auch keine Produkte mehr auf der Welt geben soll, die nicht einer bestimmten Regulierung oder Transparenz unterworfen sind.

Das Zweite ist: Wir waren uns einig, dass wir eine möglichst kohärente, abgestimmte Antwort auf die wirtschaftlichen Herausforderungen finden müssen. Das wird vor allen Dingen auch Aktivitäten der Weltbank betreffen. Die Weltbank sollte in die Lage versetzt werden, mit Programmen gerade Schwellenländern und vor allem Entwicklungsländern zu helfen, in denen wichtige Investitionsvorhaben jetzt in Gefahr geraten. Auch dort ist es natürlich außerordentlich schwierig, Kredit zu bekommen, und wir müssen alles dafür tun, dass dies weltweit gelingt, damit das Wachstum belebt werden kann oder zumindest nicht zu weit abfällt.

Deutschland hat ein besonderes Interesse daran, dass die Weltwirtschaft wieder in Gang kommt, weil wir als Exportnation natürlich von diesem Wirtschaftswachstum in anderen Regionen der Welt leben. Wenn wir einmal daran erinnern, dass die Automobilbranche eine Exportquote von mehr als 70 Prozent hat - der Maschinenbau hat eine noch höhere -, dann können wir mit nationalen Maßnahmen allein nichts ausrichten. Dann brauchen wir natürlich Ansätze, in Europa eine Belebung herbeizuführen, aber vor allen Dingen auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern.

Drittens: Wir haben uns gegen Protektionismus ausgesprochen. Es ist klar, dass protektionistische Ansätze jetzt Konjunktur haben könnten. Die Staats- und Regierungschefs waren sich einig, dass das nicht der Fall sein darf. Wir werden alles daran setzen, noch bis zum Jahresende die anstehenden Probleme bei der Doha-Runde zu lösen. Das ist ein sehr ernsthaftes und auch kein ganz einfaches Vorhaben, aber das verpflichtende Element war heute wirklich dabei.

Ich glaube, wir haben damit wichtige Schritte hin zu einer globalen Wirtschaftsordnung, auch einer globalen Steuerung der Wirtschaft und einer globalen Aufsicht über die Märkte gemacht, also eine Gestaltung der internationalen Dimension der Sozialen Marktwirtschaft. Deshalb bin ich mit dem Ausgang dieses Treffens außerordentlich zufrieden. Es hat sich gelohnt, dass wir uns hier getroffen haben. Ich glaube, die Finanzminister haben viel zu tun, bis dann spätestens zum 30. April die nächsten Schritte zu gehen sein werden.

BUNDESMINISTER PEER STEINBRüCK: Dann habe ich ja nur noch wenig Zeit, Frau Bundeskanzlerin! - Ich glaube, man darf unterstreichen, dass es so etwas mit Blick auf die große Herausforderung dieser Finanzmarktkrise in dieser Größenordnung und mit dieser Konkretheit noch nicht gegeben hat. Es sind nicht nur Prinzipien beschrieben worden, sondern, wie die Bundeskanzlerin sagte, es ist diesem Dokument, diesem Kommuniqué, als Anhang ein konkreter Aktionsplan beigefügt worden. Ich will jetzt nicht auf alle Einzelheiten eingehen, aber die überschriften sind sehr klar und entsprechen auch unseren deutschen Interessen, nicht zuletzt, weil wir diese Diskussion sehr aktiv mit vorangetrieben haben.

Die Stichworte sind, dass wir Transparenz wünschen. Jeder Marktteilnehmer muss in der Lage sein, seine eigenen Risikoanalysen zu betreiben. Es geht um Berechenbarkeit. Das ist alles etwas, was mit Regulierung zu tun hat. Wir sind angenehm überrascht, dass wir uns auch mit Blick auf die unregulierten Märkte und alles das, was an Verbriefungsprodukten, an Derivaten, bisher außerhalb der Bilanzen geführt worden ist, in diesem Dokument wiedergefunden haben. Das soll jetzt Bilanzierungsregelungen und damit auch Eigenkapitalregeln unterworfen werden. Das Dritte ist, dass die Integrität der Märkte von einer entscheidenden Bedeutung ist, um dort wieder Vertrauen herzustellen. Das Vierte ist die Kooperation der nationalen, aber darüber hinaus eines Tages auch der supranationalen Regulierer. Die ersten Schritte sind mit der Einrichtung von grenzüberschreitenden Aufsichtsaktivitäten gemacht. Das Fünfte ist die Frage, welchen institutionellen Rahmen wir brauchen, um zukünftig im Sinne eines Frühwarnsystems und von Analyseeinheiten mit solchen krisenhaften Zuspitzungen fertig zu werden oder die Daten zu bekommen, um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen.

Sie wissen, dass dabei der IMF und das "Financial Stability Forum" eine Rolle spielen, aber wir als Deutsche haben auch ein Interesse, die Bank für Internationale Zusammenarbeit sehr viel stärker in eine solche Rolle als Finanzinstitution zu bringen und sind ganz froh, dass es dazu auch noch zusätzliche Vorschläge aus Deutschland gibt.

Das Fazit ist in der Tat: Ich bin vorsichtig mit einem Vergleich mit Bretton-Woods - das ist 1944 etwas ganz anderes gewesen -, aber es ist eine angemessene Antwort auf die Dimension der Probleme, die wir haben.

FRAGE: Über die Doha-Runde verhandelt die Politik nun schon seit Jahren. Es fehlt einem nur fast der Glaube, wenn jetzt erneut betont wird, dass das bis zum Jahresende etwas werden soll. Warum haben Sie die Hoffnung, dass dieses Versprechen jetzt tatsächlich eingelöst werden kann?

BK’IN MERKEL: Weil ich grundsätzlich optimistisch bin! Sie haben vollkommen Recht: Es sind viele Anläufe gemacht worden. Dennoch muss man sagen: Nach jeder Runde, die wir gedreht haben, ist die Zahl der zu lösenden Probleme geringer geworden, und es gibt jetzt noch anstehende Fragen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und auch Indien, allerdings auch mit Europa, was die Industriezölle anbelangt. Ich glaube, wenn der politische Wille vorhanden ist, wäre es gut, noch mit der jetzigen Administration eine Grundsatzeinigung herzustellen, weil es mit einer neuen amerikanischen Administration dann doch wieder sehr lange dauern wird, bis der Verhandlungsstand und auch die Kenntnis der Verhandler voneinander wieder vorhanden ist, sodass das heute beim Mittagessen noch einmal spürbar war.

Ich habe in meinem Redebeitrag auch gesagt, dass ich, seitdem ich Bundeskanzlerin bin, eigentlich bei jedem Mittagessen - beim G8-Treffen oder einer größeren internationalen Konferenz - über diesen Punkt spreche. Aber es ist unstrittig, dass in dieser Situation der wirtschaftlichen Rezession oder Stagnation oder des mangelnden Wachstums ein solches Signal mindestens so viel wert wäre wie manches Paket dazu, dass wir freien Handel wollen, und das wir mit viel Geld schnüren. Wir wissen aus den 30er-Jahren, dass damals der Fehler des Protektionismus gemacht wurde, und insofern hat das jetzt noch einmal an politischer Bedeutung gewonnen.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, wird mit der übernahme der Präsidentschaft von Obama alles noch einmal erneut aufgeschnürt werden? Oder haben Sie heute gleich sozusagen im Geiste Obamas mitverhandelt?

BK’IN MERKEL: Der Präsident Bush hat uns zum Schluss noch einmal darauf hingewiesen, dass er die Vertreter von Obama informiert und dass sie voll eingebunden sind. Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir auf dem Weg, den wir heute gegangen sind, weitergehen können. Das ist ein Weg der Vernunft, und der wird auch von dem neuen Präsidenten mit Sicherheit unterstützt werden. Diesbezüglich mache ich mir also keine Sorgen.

Ich glaube, es geht jetzt vielmehr einfach darum, das, was wir jetzt ausgearbeitet haben und was zum Teil auch sehr konkret ist, dann auch wirklich so umzusetzen und zu verabreden, dass es Standard für alle Marktakteure wird und dann eben auch die Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank in ihren unterstützenden Maßnahmen für die Entwicklungsländer stärkt.


Source: Bundeskanzleramt


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This page was last updated September 21, 2009 .

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